Internationaler Tag gegen Rassismus 2024

Die Stolpersteine sind uns eine Mahnung, wie wichtig es ist, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit entgegenzutreten

Es ist gute Tradition, dass die Patinnen und Paten der Hennigsdorfer Stolpersteine diese am 21. März – dem Internationalen Tag gegen Rassismus – reinigen und zum Glänzen bringen.

Die kleinen Messingplatten erinnern an Bürgerinnen und Bürger, die in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt, vertrieben, deportiert, in den Suizid getrieben oder ermordet wurden. Seit 1992 verlegt der Künstler Gunter Demnig die Messingtafeln – meist im Gehweg vor dem letzten frei gewählten Wohnort der NS-Opfer.

Gemeinsam mit der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde Heimatgeber kümmert die HWB sich um den Stolperstein für die antifaschistische Widerstandskämpferin Clara Schabbel.

Am Antirassismustag haben Iris Rogge von der Heimatgeber-Gemeinde und HWB-Mitarbeiter Olaf Glowatzki den im Gehweg vor der Klara-Schabbel-Straße 11 verlegten Stein gereinigt und mit einem bunten Tulpenstrauß der von den Nationalsozialisten hingerichteten Clara Schabbel gedacht.

Olaf Glowatzki erinnerte daran, dass die zutiefst völkische und rassistische Ideologie des NS-Regims in millionenfachen Tod mündete. „Die Stolpersteine sind uns eine Mahnung, wie wichtig es ist, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit entgegenzutreten.“ Die heute in rechten Kreisen kursierenden Pläne, wieder Millionen Menschen, die aus Sicht der Rassisten nicht deutsch genug sind, zu deportieren, zeigten, wie notwendig es sei, für den Erhalt der Demokratie und gegen ein Abrutschen in menschenfeindliche Zustände einzustehen.

21. März – Internationaler Tag gegen Rassismus

Am 21. März 1960 demonstrierten tausende Schwarze im südafrikanischen Township Sharpeville friedlich gegen das rassistische Apartheidsystem in ihrem Land. Die Polizei feuerte auf sie mit Maschinengewehren und erschoss 69 Demonstrierende, hunderte wurden verletzt.

Der UN-Weltsicherheitsrat verurteilte das Massaker scharf und forderte ein Ende der Apartheid in Südafrika. Sechs Jahre nach dem „Massaker von Sharpeville“, am 26. Oktober 1966, erklärten die Vereinten Nationen den 21. März zum Internationalen Tag gegen Rassismus.

1979 riefen die Vereinten Nationen ihre Mitgliedsstaaten dazu auf, zusätzlich eine Aktionswoche gegen Rassismus zu organisieren. Das Motto der diesjährigen Woche gegen Rassismus lautet: „Misch Dich ein“.

Das größte dezentrale Mahnmal der Welt

Was 1992 als Idee des Künstlers Gunter Demnig begann, ist zu einem Teil der deutschen und europäischen Erinnerungskultur geworden. Über 100.000 Stolpersteine erinnern heute in Deutschland und zahlreichen europäischen Ländern an Menschen, die während der Nazi-Diktatur verfolgt und getötet wurden. Die Nationalsozialisten wollten die von ihnen verfolgten Menschen zu Nummern machen und ihre Identität auslöschen. Mit seinem KunstDenkmal STOLPERSTEINE will Gunter Demnig diesen Prozess rückgängig machen und ihre Namen wieder in die Straßen und Städte zurückholen. Tausende Opfer des Nazi-Regimes wurden mit den 10 x 10 Zentimeter großen Messingplatten aus der Anonymität geholt und ihre Namen dorthin zurückgebracht, wo sie einst ihre Heimat hatten. Die Stolpersteine gelten als das größte dezentrale Mahnmal der Welt. Und es wächst weiter: Der heute 76 Jahre alte Gunter Demnig fährt noch immer täglich durch die Republik, um weitere Stolpersteine zu verlegen.

„Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen wird“

Gunter Demnig / Talmud

Stolpersteine in Hennigsdorf

Insgesamt zehn Stolpersteine erinnern heute an zehn ehemalige Bürgerinnen und Bürger der Stadt, die in der NS-Zeit verfolgt, vertrieben und ermordet wurden. Am 11. Mai 2006 und 15. Juli 2019 hat Gunter Demnig die Stolpersteine in Hennigsdorf verlegt.

  • Heinrich Bartsch // Marwitzer Straße 48
    Der antifaschistische Widerstandskämpfer Heinrich Bartsch wurde 1936 von den Nazis verhaftet und 1944 im KZ Sachsenhausen ermordet
  • Ernst, Dora, Liesel und Ursel Blaschke // Neuendorfer Straße 23
    Der AEG-Direktor Ernst Blaschke floh mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern im Dezember 1933 vor dem nationalsozialistischen Antisemitismus nach Spanien. Später siedelte die Familie nach Australien über und baute sich dort ein neues Leben auf.
  • Klara und Wilhelm Busse // Berliner Straße 18
    Klara und Wilhelm Busse, die den Zeugen Jehovas angehörten – eine Glaubensgemeinschaft, die schon 1933 verboten wurde – kamen in Konzentrationslager. Klara Busse ist 1943 im KZ Auschwitz gestorben. Ihr Ehemann Wilhelm überlebte den Todesmarsch vom KZ Sachsenhausen und wohnte nach 1945 gemeinsam mit Tochter Gerda wieder in Hennigsdorf. Wegen seiner Religion wurde er 1950 von der DDR-Justiz zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. Wilhelm Busse starb 1957 während der Haft.
  • Ludwig Goldmann // Waldstraße 40
    Das von Ludwig Goldmann geführte Schuhgeschäft in der Waldstraße 40 wurde in der Pogromnacht vom 9. November 1938 von Hennigsdorfer SA-Leuten attackiert. Später wurden das Geschäft arisiert und Ludwig Goldmann im November 1941 nach Minsk deportiert, wo sich seine Spuren verlieren.
  • Else Ernestine Bela Lachmann // Hauptstraße 13
    Else Lachmann führte mit ihrem Sohn Ernst ein Uhren- und Schmuckgeschäft in der Hauptstraße 13. Beim Novemberpogrom von 1938 wurde der Laden geplündert und die Lachmanns aus Hennigsdorf vertrieben. 1943 wurde Else Lachmann nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.
  • Clara Schabbel // Clara-Schabbel-Straße 11
    Die kommunistische Widerstandskämpferin Clara Schabbel wurde 1942 verhaftet und am 5. August 1943 in Berlin-Plötzensee hingerichtet.

Stolpersteinverlegung am 11. Mai 2006: Dr. Helmut Fritsch (links) – Initiator der Hennigsdorfer Stolpersteine – und der Künstler Gunter Demnig (rechts) gemeinsam mit Leo Schabbel, Sohn der von den Faschisten 1943 hingerichteten Clara Schabbel.